Die Suche nach Erklärungen zum Verlauf eines Lebens hat die Menschen schon immer beschäftigt. Jede und jeder von uns entwirft ein Modell für den seinigen - irgendwo zwischen den beiden Extremen «alles vorbestimmt» und «alles Zufall».
Kleinste Verschiebungen auf der Zeitachse lösen eine Kette von völlig unterschiedlichen Abläufen aus, die je nach Weichenstellung möglicherweise in Tod oder Leben, in Glück oder Unglück münden.
Es könnte doch aber auch sein, dass die meisten unserer Gedanken über das «wenn das so und so gewesen wäre, dann ...» eher belanglos wären - dass sich unser Leben zu einem grösseren Teil ums Zähne- und Boden-Putzen dreht, als dass wir es wahrhaben wollen, und dass es keine wesentlichen Auswirkungen zeigt, ob jemand sich in dieser oder jener mehr oder weniger wichtigen Angelegenheit so oder anders entschieden hätte. Diese Ueberlegungen könnten Traurigkeit und Resignation wecken, oder auch Beruhigung beinhalten in einer Welt der unbegrenzten (Wahl)möglichkeiten und anhalten zum Verweilen auch bei den «kleinen» Bildern. Vielleicht ist der Verlauf schlussendlich auch gar nicht immer so wichtig.

Das Video erneuert sich endlos in seinem Verlauf, indem es sich immer neu zusammensetzt. Der Inhalt ist trotzdem in sich geschlossen – vorbestimmt. Die Erschliessung des Bildmaterials geschieht erst bei längerem Betrachten und zufällig, unbekannt bleibt, ob Nicht-Sichtbares unentdeckt ist oder nicht vorhanden. Die Auswahl der Bildabschnitte erfolgt aber nicht erst beim Abspielen, die Vielzahl der Aufnahmemöglichkeiten spricht ebenso dafür, dass alles ganz anders hätte sein können. Eine Zahlenreihe definiert die Videoframes, die der Filmabspielkopf überspringt, um zur nächsten Szene zu gelangen, die Wahl erfolgt per Zufall, ebenso zufällig wählt der Rechner die Abspieldauer aus einem vorbestimmten Bereich.
Nicht Inhalte, sondern Zahlen sind Referenzwerte für den Computer.
Die Zahlen aus der Zahlenreihe ergeben sich aus einer Bewertung, die ich für mein bisheriges Leben vorgenommen habe. Eine Bewertung hatte auch Bruder Juniper vorgenommen, um die von ihm untersuchten Lebensläufe anhand von Kriterien aufzuzeichnen. Seine Kriterien «Goodness», «Piety» und «Usefulness» habe ich durch zeitgemässere ersetzt. Ob sie zu einem aussagekräftigeren Resultat führen oder ebenso versagen wie diejenigen Bruder Junipers, sei dahingestellt. Sicher ist aber, dass ein Leben beziehungsweise eine Person nie vollständig sicht- und fassbar sein, sondern nach aussen immer nur fragmentarisch bleiben kann.